am fluss

über geflutete felder
breitet sich stille aus
deine blicke mäandern
zum horizont
um die ufersteine
des vergessens zu zählen

du lauschst nach innen
auf die sanften töne
findest worte in dieser weite
die bis zu den sternen reichen
und auf deine fragen antworten
im tiefen schwarz der nacht

der herbst reißt löcher
in das gedächtnis des sommers
faltet die momente des glücks
zu undurchsichtigen träumen
fordert den tribut
einer geliehenen zeit

im geröll der gefühle
bleibst du ohne wege
misstraust der leichtigkeit
doch noch immer staune ich
wie nah wir uns waren
in diesem fluss des lebens

Dialog

„Opa, du bist alt, gell?“

Im Gesicht des Vierjährigen
eine kleine Frage und
eine große Liebe.

Meine rauen Hände
auf seinem Haar
zähle ich die Stille.

Das Abendlicht macht
meine Zeilen rot und
der Wind hält inne.

Dann sage ich „Ja“


noch einmal

ich lese deine zeilen
füge die worte neu
mache pausen beim sprechen
hier und dort
und dann noch einmal
ganz anders
meine seele beginnt zu schwingen
von duft genährt
trägt sie die gedanken
von einer baumkrone zur nächsten
der göttin entgegen
immer wieder greift
meine hand ins leere
doch als der tag zu ende geht
führt mich die einbrechende nacht
wie ein zebrastreifen
durch die rush hour des lebens
und ich erkenne dich


sisyphus

bröckelnde zeit
wieder einsammeln

zerzauste augenblicke
in mutige worte formen

aus dunklen schatten
helle bilder malen

im auge des hurrikans
die ruhe genießen

mit list und humor dem glück
durch den winter helfen

nicht weil es modern
und zeitgemäß wäre

sondern weil sisyphus
ein kluger mann war


licht des frühlings

von winterschweren lidern
fällt zartflockig
letzter schnee

aus den tiefen
abgelebter tage
fließen verse voll

von fern ein
leiser harfenton
von schweigen gefiltert

gebrochene gedanken
wecken schlafende bilder
und bauen ein neues haus

das licht des frühlings
züngelt am glück
solange du bei mir bist


Glücksfaden

Vom Baum der Erinnerung
sammle ich Silben
kleide sie in Worte
schmücke sie mit Hoffnung.

Doch die Zeiger der Uhr
zerstückeln meinen Glauben
in atemlose Gedanken
fliehen meine Blicke.

Über deine Lippen
fallen Buchstaben
spinnen einen Faden
zu unserem Glück.

Bis er über die Kluft reicht
verstecke ich mich
in einer Falte der Zeit und
schöpfe Blau aus der Stille.


Jahresende

Bevor wir vergaßen,
ordneten wir die Stunden des Glücks
und teilten sie bedächtig.

Noch hingen Sommerfarben
an unseren Wimpern.
Mit breitem Pinsel bleichten sie
letzte Tränen aus der Trauer,
und goldgelber Hahnenfuß versprühte
Farbtupfer über die Zeit.

Unten im Dorf
schlugen die Glocken
letzte Augenblicke in unsere Seele.


Im Schleier des Mondes

Noch immer hause ich
im Grenzland des Glücks
wärme mich an den Resten
einer uralten Liebe.

Einsamkeit rinnt ins Holz
tiefer als meine Trauer je war
bläst die Angst Stille
durch die Löcher im Traumtuch.

Sehnsucht spannt ihr Netz
weiter als mein Glaube je war
dehnt die Maschen der Hoffnung
über die Leere meiner Seele.

Vertrauen sammelt Worte
höher als der Augenblick je war
erzählen Geschichten des Himmels
als Zündflamme für das Unsagbare.

Eisblumen blühen
im Schleier des Mondes
leuchtet dein Bild
als wärest du bei mir.